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Textenetz: Klaas Huizing

Klaas Huizing

Das Ding an sich

Eine unerhörte Begebenheit aus dem Leben Immanuel Kants.
Knaus Verlag, München 1998, 235 S., ISBN: 3-8135-0084-5, >>> Amazon
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In seinem neuen Roman schildert Klaas Huizing ein Erlebnis, das die letzten Lebensjahre dreier Männer aufs Engste verquicken und am Ende aus gemeinsamen Streitern erbitterte Konkurrenten machen sollte.
Die distanzierte und zugleich symbiotische Beziehung zwischen Immanuel Kant und seinem Diener Martin Lampe ist ja hinlänglich in so mancher Anektdote überliefert worden. Von Johann Georg Hamann, dem "Magus des Nordens", ist dagegen nachzulesen, daß er als scharfsinniger Kritiker der Aufklärung die "Sturm und Drang"-Epoche sowie die Romantik inspirierte - und damit ein Gegner von Kants rational begründeter Philosophie war.
Die Heftigkeit dieser Gegnerschaft und auch die vorzeitige Entlassung Lampes aus dem Dienste Kants kam jedoch nicht von ungefähr, sondern hinterließ sogar noch im Sarge Kants eine Spur. Aber der Reihe nach:
"Das Ding an sich" ist eine Tonscherbe, die Hamann von einem russischen Gesandten angeboten, ja geradezu aufdrängt wird. Nach all den erfolglosen Geschäften als Handlungsreisender scheint das Risiko gering, unterstreicht der Gesandte doch sein Angebot mit der vollständigen Begleichung von Hamanns keineswegs geringen Schulden. Aber schon bald bereut Hamann die Annahme dieser Scherbe. Sie hat zuletzt Russland Unglück gebracht und nun auch ihm. Auf der Scherbe wäre nämlich der Handabdruck Adams eingeprägt, der damit wiederum ein Gespräch mit dem Teufel besiegelt haben soll. In seiner Not wendet sich Hamann an seinen früheren Mentor Kant. Der schickt sogleich seinen Diener Lampe los, dieses "Ding" und damit auch den Aberglauben Hamanns zu zerstören. Aber so einfach ist das gar nicht.
Wie in seinem ersten, übrigens preisgekrönten Buch "Der Buchtrinker" nutzt Klaas Huizing das Pfund seines offenbar schier überbordenden Wissens. So vermag er auf der Grundlage historisch bezeugter Personen und Textauszüge ein überzeugendes Vexierspiel mit eingestreuten Versatzstücken und Fiktionen zu beginnen - überzeugend gerade in seinem Aberwitz, der die "reine" Theorie mit einem Mal sehr anschaulich in Fleisch und Blut daherkommen läßt. Und dieses Fleisch und Blut ist alles andere als frei von solch niedrigem Gehabe wie Eifersüchtelei und Intrigantentum.
Im Gegensatz zum collagierten Aufbau des Vorgängers ist "DAS DING AN SICH" nun scheinbar mühelos aus einem Guß geformt und die Handlungsträger, insbesondere Martin Lampe, sind so griffig gezeichnet, daß auch nicht studierte Philosophen sich für sie interessieren werden. Das alles auf dem Rücken nur eines, aber durchaus ernsthaften Grundproblems - eine Verdichtung, die dem Autoren sicher Zurückhaltung abverlangte, dem Buch jedoch ungemein gut bekommen ist. Das Beste aber ist einmal mehr die sprachliche Virtuosität Huizings, mit der er ironische Wendungen und Brechungen punktgenau zu setzen weiß. Da wird das Zwerchfell wechselweise auf der Stelle oder dank wohldosiert sickernder Pointen auch erst einige Seiten später, aber dafür umso heftiger beansprucht.

Interview und weitere Besprechungen zu Werken von Klaas Huizing siehe:
Textenetz: Klaas Huizing

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