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Julian Barnes

England, England

Roman. Kiepenheuer & Witsch Verlag, Köln 1999, 346 S., ISBN: 3-462-02830-8, >>> Amazon
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Über den Geschmack von Sir Jack Pitman läßt sich streiten, aber es besteht kein Zweifel daran, daß er weltweit einer der gerissensten Unternehmer ist. Sein letzter Coup ist der Kauf der Isle of Wight, auf der er das alte England historisch getreu im Maßstab 1:2 nachgestalten läßt. Ob Harrods, Lady Di's Grab oder Buckingham Palace: Alles ist nun ohne große Wege höchst touristenfreundlich aneinandergereiht. Die Königsfamilie zieht um, und die Insel erklärt seine Unabhängigkeit vom Mutterland. Doch bald gibt es Probleme. Zuerst verliert Sir Jack seine Vormachtstellung an Martha Cochrane, der von ihm zuvor bestallten Zynikerin vom Dienst, und dann beginnt auch noch eine schleichende Überidentifizierung der Schauspieler mit ihren Rollen. "Robin Hood und seine fröhliche Schar" proben ungeplante Aufstände, bärbeißige Originale verlieren jeden Respekt vor den Besuchern. Und das echte England? Die einstige Großmacht Europas muß sich, nach und nach politisch völlig isoliert, ins vorindustrielle Zeitalter zurückgeworfen sehen. 
Julian Barnes hat mit seinem neuen Roman "England, England" eine sehr gewagte Gratwanderung riskiert - und ist nicht abgestürzt. Seine satirischen Rückblicke und Prognosen reizen nicht nur das Zwerchfell, sondern mit durchaus ernstgemeinten philosophischen Erwägungen auch den Intellekt. Abgesehen von einer unnötig verquasten Hürde am Anfang, die zehn Seiten lang Marthas frühkindliche Erinnerungen schildert, ziehen einen das Gegenüber schwärzesten Humors und liebevoll, detailgenauer Betrachtungen bis zum Ende in den Bann. Ohne je ins "Menscheln" zu geraten, wird hier ein Heimatland in die Pfanne gehauen und zugleich um Verständnis für jedwedes "Tatmotiv" sowie um den Zweifel an jedweder Realität geworben. Selten brillant, wie hier das Spannungsgefälle zwischen Komik und Tragik nicht nur einige Gags, sondern einen ganzen Roman auszufüllen vermag.

Buechernachlese © Ulrich Karger


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