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Büchernachlese-Extra: Stephen King

Stephen King

Puls

Roman. Aus dem Amerikanischen von Wulf Bergner. Heyne Verlag, München 2006. 531 Seiten. 19,95 Euro. ISBN: 3-453-02860-0, >>> Amazon

Weltweit klingeln am 1. Oktober gleichzeitig alle Handys und die Angerufenen werden zu Amokläufern, die jeden ermorden, der ihre Wege kreuzt. Jene, die an diesem Tag kein Handy in Reichweite hatten und zu fliehen vermochten, schließen sich in kleinen Gruppen zusammen. Darunter Clayton Riddell, der verzweifelt nach seinem Sohn sucht und nun mit Thomas McCourt und einem Mädchen namens Alice Maxwell unterwegs ist. Erst schlagen sie sich aus Boston Richtung Westen durch, später wird daraus ein allgemeiner Zug nach Norden - denn im Norden gibt es dünn besiedelte Enklaven, die nahezu frei von Mobilfunknetzen sind. Doch schon bald stellt sich die Frage, ob der Zug nach Norden nicht durchaus im Interesse der mehr und mehr organisierter wirkenden "Phoner-Horden" ist ...
"Puls" (im Original "Cell") ist nicht der schlechteste Roman Stephen Kings - Buick und Der Sturm des Jahrhunderts waren noch unterirdischer.
In "Puls" werden Menschen zu roboterhaften Bestien, die auch nicht davor zurückschrecken, ihre Zähne in die Hälse der eigenen Kinder zu schlagen. Ein Splatter-Alptraum-Szenario, das den Asphalt der Straßen vollends unter Blut und sonstigen Körperteilen verschwinden lässt und womöglich ein aus "Der Dunkle Turm" zu Recht beiseite geschobenes Versatzstück ist, das auf die Schnelle in ein eigenes Buch gezwängt wurde. Wie in diesem kürzlich noch gefeierten, weil endlich abgeschlossenen Epos ist eine zusammengewürfelte Schicksalsgemeinschaft unterwegs, neudeutsch: on the road, um ihr eigenes Leben und das der restlichen Menschheit zu retten. Doch die Charaktere sind hier bestenfalls skizziert, der Plot und sein Begründungszusammenhang von grandios unverschämter Unbestimmtheit.
Da fällt auch kaum noch auf, dass trotz des in dem kleinen Prolog auf der ersten Seite behaupteten "weltweiten" Infernos im Roman selbst ausschließlich vom Umkreis Bostons die Rede ist. Und warum erst alles mordet und metzelt, und danach die wenigen Überlebenden "nur noch" wie die anderen in "Phoner" verwandelt werden sollen, bleibt bis zuletzt unklar.
Ach ja, Auslöser des Infernos ist ja die amerikanische Notrufnummer 911. Die in einigen Rezensionen geübte Verrätselung dieser Notrufnummer mit dem "Nine-Eleven" des historischen Septembertages scheint mir zuviel der Ehre. Wahrscheinlich ist diese Koinzidenz nur ein Zufall, die King billigend in Kauf genommen hat, mehr nicht. Hätte er auch nur 5 Minuten darüber nachgedacht, wäre ihm dieser allzu banale Wurf nach der publizistischen Speckseite nicht unterlaufen.
Aber: Wozu andere beide Hände und auch noch das Organ zwischen ihre Ohren benötigen, reicht Stephen King offenbar eine Hinterbacke. "Puls" verfügt, einige Abgebrühtheit beim Leser vorausgesetzt, immerhin noch über soviel neugierig machende Sogwirkung, dass man bis zur letzten Seite dranbleibt - um das Ganze dann aber auch gleich als Zeitvertreib mit einem Nullsummenspiel abzuhaken.
Nach Abschluss von "Der Dunkle Turm" hätte Stephen King ruhig ein wenig pausieren und sich in seinem wiedergewonnenen Glanz sonnen können. Allein, der Millionenseller-Autor schert sich einen Teufel darum. Ende dieses Jahres soll schon wieder ein weiteres Werk unter seinem Namen erscheinen - da geht's dann offenbar um den Nachlass eines verstorbenen Schriftstellers.
Honi soit qui mal y pense ...

Weitere Besprechungen zu Werken von Stephen King siehe:
Büchernachlese-Extra: Stephen King

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