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Christian Kracht

Faserland

Roman. Kiepenheuer & Witsch, Köln 1995, 166 S., ISBN: 3-462-02407-8, >>> Amazon
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Christian Kracht, Jahrgang 1966, gibt sein Debut mit "FASERLAND". Ein nicht nur namenloser Ich-Erzähler durcheilt per Flugzeug, Bahn und altem Porsche die Republik, von Sylt bis an den Bodensee. Ohne eigene Mitte, lediglich von den nicht erfüllten Geschmäcklichkeiten der Neuauflage eines Junkers nach Gutsherrenart geplagt, säuft und kotzt dieses Ich in einem fort. Wie alt es ist, läßt sich nur schwer erraten. Vermutlich wie der Autor Ende zwanzig. Woher der Held das Geld für seine Eskapaden nimmt, ist dem Autoren ebenfalls egal. Deutschland wird zum Dorf, gerade noch auf Sylt zusammengesessen, trifft "man" sich am Bodensee schon wieder, ohne je ins Gespräch zu kommen. Ihm kann man nichts mehr erzählen. Er sieht doch selbst wie es ist.
Tatsächlich gelingen dem Autoren eine Vielzahl von bemerkenswerten Beobachtungen und Assoziationen. Die durchgängig genannten Markennamen werden dabei zu den Chiffren eines zwanghaften Über-Ichs, das sich kurz mit Werbe- und Konsumgesellschaft überschreibt. Aber das Alles erweist sich letztlich dann doch nur als plakatives Geschwätz, ohne je etwas "wirklich" zu durchdringen. Bei ihm ist etwas oder jemand lediglich "wirklich charmant", "wirklich schön" oder "wirklich blöde". Letzteres fällt auf den Erzähler dann auch heftig zurück, wenn er z.B. meint, daß "alle Deutschen" ab einem bestimmten Alter "wie komplette Nazis" aussehen, aber offenbar ahnungslos auf dem Berliner Flughafen Tempelhof "das Erhabene des Fliegens unterstrichen" sieht und zu schlechter Letzt die Literatur von Hermann Hesse mit der Heldengotik eines Ernst Jünger in einen Topf wirft. (Die Bücher von Frisch und Dürrenmatt findet er ebenfalls allesamt "dämlich"...)
Provokation oder gar Rebellion gegen Apo-Opas bzw. die Elterngeneration des Autoren? Das wäre dann schon das Plastikhämmerchen, aber selbst das legt er auf den letzten Seiten plötzlich beiseite, um auf einmal den Kindern etwas zu erzählen: "(...), von den Auserwählten, die im Innern der Maschine leben, die gute Autos fahren müssen und gute Drogen nehmen und guten Alkohol trinken und gute Musik hören müssen, während um sie herum alle dasselbe tun, nur eben ein ganz klein bißchen schlechter."
Nur das Ende läßt noch für den Autoren hoffen, denn da scheint sich das Phantom eines Ich-Erzählers seiner selbst entledigen zu wollen, was kaum jemand bedauern dürfte. 

Buechernachlese © Ulrich Karger


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