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Textenetz: Stephan Krawczyk

Stephan Krawczyk

Der Narr

Roman. Pendo Verlag, Zürich 2003. 302 Seiten. 19,90 Euro. ISBN: 3-85842-547-8, >>> Amazon
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Vor 15 Jahren wurde der Liedermacher und Bandoneonvirtuose Stephan Krawczyk von der Stasi verhaftet und kurz darauf in den Westen abgeschoben. Sein neuer Roman "Der Narr" schildert, wie es dazu kam. Eine Lachmuskel strapazierende Schwejkijade eröffnet das erste Viertel. Der Protagonist ist noch keine 20, sehr idealistisch und deshalb auch Parteigenosse. Und Soldat. Und Teil einer aus Schlesien geflüchteten Familie, die bei ihren zahlreichen Festen auch immer wieder die Hausordnung zur Reinigung des Treppenhauses als Thema abfeiert. Doch dann erwirbt er die Berechtigung, als Musiker auf den DDR-Bühnen aufzutreten. Eine Berechtigung, die sofort entzogen wird, als er noch immer voller Vertrauen in seinen Staat die Dinge beim Namen zu nennen beginnt. Die Kirchen, d.h. einige, längst nicht alle Kirchengemeinden eröffnen neue Spielräume, dann die Verhaftung, ein trügerischer Anwalt, Abschiebung …
"Nur" eine Autobiographie? Stephan Krawczyk versteht es wie kaum ein zweiter, seinen Worten Klang zu geben, mit ihnen anzurühren oder sie subtil gegen den Strich zu bürsten. Von Haus aus Lyriker, erweist er sich erneut als exzellenter Prosaautor, der auch 300 Seiten durchzukomponieren und in eine mitreißende Verfassung zu bringen vermag. Zeichnet er sich am Anfang noch als Namenloser, der stellvertretend für viele seiner Generation den Fängen eines aberwitzigen Alltags ausgesetzt ist, wechselt er für den Wahnwitz des Hauptteils allmählich die Tonlage. Naivität wird von Erschrecken abgelöst, er selbst, seine Mit- und Gegenspieler werden immer kenntlicher. Lediglich die "Dichterin Mascha Anders" bleibt aus guten Gründen unter Pseudonym.
Zum ost-west-übergreifenden Lesegenuss wird dieser Roman jedoch nicht zuletzt durch die bis zuletzt eingehaltene Selbstironie, mit der Stephan Krawczyk allzu bescheidene Koketterie genauso in Schach hält wie das selbstgefällige Überschätzen der eigenen Rolle in dieser deutsch-deutschen Erlebensgeschichte.

Interview und weitere Besprechungen zu Werken von Stephan Krawczyk siehe:
Textenetz: Stephan Krawczyk

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