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Burkhard Schröder

Ich war ein Neonazi

Reportage über den Aussteiger Ingo Haßelbach
Ravensburger Buchverlag, Ravensburg 1994, 158 S., ab 16 Jahre, ISBN: 3-473-35139-3, >>> Amazon
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Am 15.März 1993 verbrannte ein berüchtigter Neonazi-Anführer vor laufender Fernsehkamera ein Adolf-Hitler-Bild. Ingo Haßelbachs medienwirksamer Ausstieg aus der rechtsradikalen Szene sorgte nicht zuletzt bei seinen früheren Parteigenossen für enormen Aufruhr. Er wurde auf ihre Abschußliste gesetzt. Seitdem lebt Ingo Haßelbach im Untergrund und hat über seine Erfahrungen ein Buch geschrieben.
"Die Medien reißen sich schon wieder um ihn, wie noch vor zwei Jahren - jetzt aus anderen Gründen" heißt es nun in einem Buch über Ingo Haßelbach, und es endet: ".. er weiß noch nicht genau, wo er sich politisch einordnen soll, muß über manche Dinge einfach in Ruhe nachdenken. "Ich arbeite an mir", sagt Ingo Haßelbach."
Der Journalist Burkhard Schröder veröffentlicht seit geraumer Zeit Artikel und Bücher über die rechts-extremistische Szene. Bei seinen Recherchen hatte er Ingo Haßelbach noch als aktiven Neonazi erlebt und sein Vertrauen gewinnen können. Einige Wochen nach seinem Ausstieg rief Ingo Haßelbach Schröder aus Paris an. Ob er sich mit ihm treffen und sich von ihm einmal "alles" erzählen lassen wolle. Trotz einiger Bedenken, sagte Schröder zu. Erst wenige Tage zuvor hatte eine Frau so getan, als ob sie ausgestiegen wäre, dabei war es ihr nur um das Sammeln von "Feind"- Addressen gegangen. Ingo Haßelbach jedoch meinte es ernst. Dank seiner unvoreingenommenen Fragehaltung gelingt Schröder eine unaufgeregte, höchst instruktive Darstellung des Lebensweges von Ingo Haßelbach. Zugleich vermochte Schröder sein bereits zuvor erworbenes Insiderwissen nun von authentischer Stelle kommentieren zu lassen. Das gilt natürlich auch umgekehrt für Haßelbachs Aussagen über die Szene. Manche der lediglich auf das Vordergründige bedachten Schnellschreiber und auch gewisse Politiker sollten beim Nach-Lesen dieser Lektüre zumindest rote Ohren bekommen. Für viele neu dürften die von Frager und Befragten gemeinsam angestellten Betrachtungen über die speziellen Motive ostdeutscher Neonazis sein. Haßelbachs Familie z.B. genoß in der DDR hohes Ansehen. Er hätte sich recht bequem etablieren können, anstatt sich bereits lange vor der Wende von der "Gesell-schaft" zu verabschieden. Das steht im vollkommenen Widerspruch zu dem durchschnittlichen Werdegang eines West-Neonazis. Allgemeingültig wiederum dagegen, wie der Autor en passent u.a. solch schmuddeliges Propagandamaterial wie den berüchtigten "Leuchter-Report" auseinandernimmt und einmal mehr den Irrwitz am angeblichen Beweis für die "Auschwitz-Lüge" belegt.
Erschienen unter dem Titel ICH WAR EIN NEONAZI kann Schröders Reportage den Anspruch erheben, ein wichtiges Zeitzeugnis zu sein. Es vermag bereits jetzt Jugendlichen, Eltern und Lehrern wichtige Impulse zu manch verschüttetem Dialog zu eröffnen. Sprachlich jedoch setzt das Buch nicht zuletzt wegen seines ungefilterten Gebrauchs von Jargon-und Fremdwörtern einiges voraus. Allein- und SelberleserInnen sollten deshalb nicht jünger als 16 Jahre alt sein.

Buechernachlese © Ulrich Karger


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